Kreuzwegandacht, jeder Freitag und Sonntag in der Fastenzeit, 17.30 Uhr

Warum beten wir den Kreuzweg?

Das Osterfest ist das größte Fest der Christenheit, weil wir in diesen Tagen die endlos sich wiederholende Vergegenwärtigung Gottes in unserer Welt feiern.
Wir erinnern uns an die unerschöpfliche Liebe, mit der Jesus seine Bereitschaft gezeigt hat, die Menschen in allen ihren Eigenheiten als Brüder und Schwestern anzunehmen, und er erinnert uns daran, was wir unsererseits zur Erlösung unserer selbst und aller beitragen können.
Daher ruht die Vorbereitungszeit dafür auf den drei Säulen: Almosen, Gebet und Fasten.
Teilen mit den Mitmenschen, Betrachtung der Wege Jesu und Freimachen innerer Räume: Jedes dieser Vorhaben stützt sich auf die beiden anderen.
Und wenn wir uns – angesichts unserer Ansprüche an uns selbst – in unseren weltlichen Eigenheiten zu verheddern drohen, können wir zum Gottessohn als Vorbild und Orientierung zurückkehren.

Im Anschluss werden die 14 Stationen der Passion Christi in kurzen Texten nach Romano Guardini vorgestellt.

Allen, die lieber mit visuellen Vorlagen meditieren, seien die Kreuzwegillustrationen von Prof. Anton Lehmden in der Pfarrkirche Inzersdorf- St. Nikolaus, 1230 Wien, ans Herz gelegt.

Achtung! An den Freitag- und Sonntagabenden, an denen in der Annakirche der Kreuzweg gebetet wird, beginnt der Rosenkranz schon um 17.00 Uhr.

Einstimmungsgebet:

Herr, du hast gesagt: “Wer mein Jünger sein will, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“ Ich will jetzt Deinen Spuren nachgehen und Dir im Geist auf Deinem Leidensweg folgen. Hilf mir auch, mein Kreuz mit Dir zu tragen. Lass mich meine eigene Not darin erkennen und lehre mich verstehen, was ich gerade jetzt tun soll. Amen.

1. Station: Jesus wird zum Tod verurteilt

Jesus steht vor Gericht. Die, die ihn anklagen, sind Lügner. Der Richter ist ein charakterloser Mann. Das Verfahren spricht allem Recht Hohn. Von diesem Gericht wird der Herr eines schweren Verbrechens für schuldig erklärt. Die Strafe ist schmachvoll und schrecklich zugleich.

Wie würde sich mein Gerechtigkeitsgefühl auflehnen, wenn mir jemand eine ungebührende Strafe auferlegen wollte! Wie wehre ich mich gegen ein Unglück, wenn ich meine, ich hätte es nicht verdient. Herr, lehre mich, Dir nachzufolgen, wenn meine Stunde kommt. Amen.

2. Station: Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schultern

Das Urteil ist gesprochen. Jesus hat es schweigend angenommen. Nun bringen sie das Kreuz. Der Verurteilte soll es selbst zur Richtstätte tragen. Der Herr nimmt das Leidensholz auf. Er lässt es sich nicht stumpf aufladen, sondern greift entschlossen an. Den Auftrag des Vaters sieht er im Kreuz: unser Heil. Das will er mit aller Kraft seines Herzens.

Herr, ein anderes ist es, in guter Stunde zu sprechen: „Ich bin bereit zu allem, was Gott will“, und ein anderes, auch wirklich bereit zu sein, wenn das Kreuz kommt. Ich will bereit sein. Mach mich stark und großmütig. Amen.

3. Station: Jesus fällt das erste Mal unter dem Kreuz

Er hat die ganze Nacht den Schlaf entbehrt und seit gestern Abend nichts gegessen. Das Kreuz ist zu schwer für ihn, die Last geht über seine Kräfte. Er strauchelt an einem Stein, oder im Gedränge stößt jemand wider ihn, und er fällt.

Herr, das Kreuz ist zu schwer für Dich. Du fällst, und raffst Dich wieder auf, und trägst es weiter. Jedes Kreuz scheint einmal über unsere Kraft zu gehen. Immer kommt einmal das müde, angstvolle Wort über unsere Lippen: „Ich kann nicht mehr.“ Du verdenkst es uns nicht, wenn wir erlahmen. Gieße mir Deine Kraft in die Seele. Dann richtet sie sich wieder empor, nimmt ihre Last auf und geht weiter.

4. Station: Jesus begegnet seiner heiligen Mutter

An einer Straßenkreuzung wird sie gewartet haben und tritt nun an den Zug heran. Sie sprechen nichts, die Mutter und ihr Sohn. Was wollten sie auch sagen? Sie sind miteinander ganz allein. Dann spricht der Blick des Herrn: „Mutter, es muss sein. Der Vater will es.“ „Ja, Kind, der Vater will es – und Du… So soll es denn geschehen.“

Herr, für mich bist Du von der Mutter gegangen. Lehre mich selbst stärker sein als Menschenliebe – und wäre sie noch so groß und rein – sobald ich in Gefahr bin, ihretwegen Dir untreu zu werden. Herr, lehre es mich tun, wie Du getan: In Liebe. Amen.

5. Station: Simon von Cyrene wird gezwungen, Jesus zu helfen

Die Soldaten der Wache sehen, dass die Kräfte des Herrn versagen. Da greifen sie einen Bauern auf, der vom Felde heimkommt, Simon mit Namen. Er soll tragen helfen. Der aber will nicht. Er ist müde, ist hungrig, will heim, essen und ruhen. Sie müssen ihn zwingen. So fasst er an, zornig, empört. Was wird das für eine Hilfe werden?

Herr, wie oft sieht ein Bedrängter sich verlassen. Allein in Schmerz, und keiner hilft. Allein in Seelenleid, und die anderen verstehen es nicht. Herr, in solchen Stunden steh’ Du bei mir. Hilf, dass ich mich mit dem Alleinsein abfinde und nicht verzage. Amen.

6. Station: Veronika reicht Jesus ihr Schweißtuch

Der Herr ist ganz verlassen. Ringsum nur Feindschaft, Grausamkeit, Herzensstumpfheit. Er ist erschöpft von Durst und Schmerz, zum Zusammenbrechen müde an Leib und Seele. Und doch – wie wach und zart ist sein Herz, dass er den armen Dienst der Frau zu würdigen vermag und göttlich dafür zu danken. Er trocknet sein Antlitz, und als er das Tuch zurückgibt, trägt es seine heiligen Züge.

O Herr, mach auch mich frei! Wenn ich in Leiden stehe und will blind und gleichgültig werden gegen die Menschen, dann hilf mir, nicht immer an mich selbst zu denken. Jeden kleinen Dienst der Liebe lehre mich sehen und dafür dankbar sein. Amen.

7. Station: Jesus fällt das zweite Mal unter dem Kreuz

Jesus ist wieder allein unter dem erbarmungslosen Volk. Mit der lautersten Liebe hat er ihnen das Reich Gottes verkündet. Und nun toben sie wider ihn, als wäre er ihr bitterster Feind. Das ist es, was ihn zum zweiten Mal zu Boden drückt. Aber gerade durch das, was sie ihm antun, will er sie erlösen! So steht er zum zweiten Mal mühsam wieder auf und geht weiter.

O Herr, könnte ich begreifen, dass mein Leiden für andere zum Segen werden und helfen kann, wo sonst nichts hilft. Mach meine Seele weit und großmütig, dass sie diese Wahrheit begreife, und gib ihr die Liebe, sie auch ins Werk zu setzen. Amen.

8. Station: Jesus spricht zu den klagenden Frauen

Jesus schleppt sich dahin… das Haupt zermartert von Dornen, der Leib zerrissen von tiefen Wunden, gequält von ätzendem Schweiß… und vor ihm das schreckliche Ende… Da stehen am Wegrand Frauen, die ihn mit vielen Worten beklagen. Doch Jesus verliert nicht die Geduld, seine Seele bleibt frei und gefasst. Er redet ruhig mit ihnen und übt sein Amt: Sie zu lehren und zurechtzuweisen.

Wäre ich in solcher Not, könnte ich dann das Wunder von Jesu Herzensfreiheit erahnen? Für jeden kommen Zeiten, da ihn schwere Leiden drücken, und alles an ihm zuckt unter ihrem Zwang. Wenn es mir einmal so ergeht, dann hilf mir, Herr, ruhig zu bleiben. Ich will den anderen gütig begegnen, auch den Unvernünftigen, Gefühllosen, Groben, wenn mir auch noch so schlimm zumute ist. Amen.

9. Station: Jesus fällt zum dritten Mal unter dem Kreuz

Bald nach dem zweiten Fall bricht Jesus zum dritten Mal zusammen. Er ist am Ende seiner Kraft. Trotzdem reißt er sich noch einmal empor und trägt das Kreuz bis zum Ziel.

Drei Mal bist Du niedergesunken, o Herr, drei Mal aufgestanden. Lehre mich begreifen, dass Du nicht verlangst, wir dürften nie schwach werden, wohl aber, wir sollen immer wieder aufstehen. Amen.

10. Station: Jesus wird seines Gewandes beraubt

Alles haben sie ihm genommen: Seine Freiheit, seine Freunde, seine Wirksamkeit. Jetzt nehmen sie ihm noch die Ehre seines Leibes. Nackt und bloß wird er der Schande preisgegeben. Aber er steht in Gottes Willen und harrt aus.

Herr, an diese bittere Stunde gemahne mich, wenn es einmal um meine Ehre geht. Wenn man mich verleumdet, meinen guten Namen antastet. Durch Dein Opfer mach mich stark in solcher Stunde. Amen.

11. Station: Jesus wird ans Kreuz genagelt

Was da geschieht, ist so schrecklich, dass man fliehen möchte. Die Schmerzen in den durchstoßenen Gliedern, am Haupt und in all den tiefen Wunden werden immer brennender, immer quälender der Durst, immer schwerer die Angst und Beklemmung des Herzens. Und er kann sich nicht helfen, sich nicht rühren, kann nichts tun, als aushalten und fühlen, wie es dem Tode zugeht.

O Herr, für jeden kommt einmal die Stunde, da er nichts mehr tun kann. Vor allem wird es in der letzten Krankheit so sein, wenn man weiß, es geht dem Ende zu. Da ist jeder angenagelt. Herr, wenn diese Stunde kommt, dann bleib Du bei mir – und mach mich stark durch Deinen Gehorsam. Amen.

12. Station: Jesus stirbt am Kreuz

Drei Stunden lang duldet Jesus. Was in dieser Zeit in der Seele Jesu vorgegangen ist, weiß kein Mensch. Da ruft er: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ Niemand lüftet dieses Geheimnis, wie Gottes Sohn von Gott verlassen sein kann. Nur dies können wir uns sagen: Bisher hat sein Herz die Nähe Gottes als Trost und Halt empfunden. Jetzt verlässt ihn auch das. Niemand wird das ausdenken, was das heißt. Nur eines hält ihn: Seine nicht wankende Treue gegenüber der Sendung des Vaters und seine unbegreifliche Liebe zu uns.

Herr, du hast mich erlöst, dafür danke ich Dir aus Herzensgrund. Du hast mir auch gezeigt, wie ich mein eigenes Leiden tragen und überwinden kann: Durch die Liebe. Ich kann es nur tragen, wenn ich es aus der Hand des Vaters annehme wie Du, mit Dir zusammen, still und opferfreudig; mein Leiden, meine Ohnmacht, ja selbst mein Sterben darbringe für die anderen. So allein werden Leiden und Tod wahrhaft überwunden. Amen.

13. Station: Jesus wird vom Kreuz abgenommen

Der Herr hat ausgelitten: Nun ist er tot. Menschlich gesprochen, hätte er das Leben noch vor sich. Was hätte Jesus noch geschaffen, gelehrt, gewirkt und geholfen, welche göttliche Lebensfülle hätte noch aus ihm hervorblühen können, wenn er ein ganzes Menschenleben durchschritten hätte! Nun ist alles zertreten. Aber das ist die ’Torheit des Kreuzes’! Das Samenkorn musste sterben, auf dass höchstes Leben aus ihm erstehe.

Herr, das ist die Antwort auf die bittere Frage: Warum leiden müssen? Da wird alle Menschenweisheit zuschanden. Nur im Kreuz ist die Antwort. ’Das Samenkorn bleibt unfruchtbar, solange es nicht in der Erde stirbt.’ So will ich glauben, vertrauen und mich an Gott halten. Amen.

14. Station: Jesus wird ins Grab gelegt

Sie hüllen den Leib des Herrn in linnene Tücher und legen ihn in das Grab des Josef von Arimathäa. Dann fügen sie die schwere Platte in die Öffnung und gehen traurig heim. Nun ist alles still. Ein tiefer Friede liegt um das einsame Grab. Es ist der Friede der Vollendung. Aber während der Herr schläft, bereitet der Vater dem Sohne schon die Osterherrlichkeit.

O Herr, das ist die frohe Botschaft, die Du allen gebracht hast, dass nach jedem Karfreitag ein Ostern kommt. Lass mich inne werden, wie aus jeder durchkämpften Leidensstunde die Seele stärker hervorgeht, und dass, wer so mit Dir lebt und leidet, auch in der Bitterkeit teilhat an Deinem Frieden und Deiner Osterherrlichkeit. Amen.

Schlussgebet

Herr, nun gehe ich wieder in mein tägliches Leben zurück. Du hast mich gelehrt, wie ich mein Kreuz tragen soll: Im Vertrauen auf Gott und in Liebe zu ihm. Du hast mich auch gelehrt, wie ich es überwinden kann: Wenn ich es in Liebe darbringe für die anderen. So schreibe mir diese heilige Wahrheit tief ins Herz, dass ich sie nie vergesse. Und lass sie lebendig werden – besonders dann, wenn es Zeit ist, in der Stunde der Bedrängnis. Dann will ich an das denken, was Du mir heute gesagt hast, und auch danach handeln. Amen.

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